Projektreportage

Volcano House, London (GB)

Josepha Landes

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Das neue Bunt

  • Autorin: Josepha Landes
  • Fotos: Charles Hosea, Shala Kumari, SCIP Photography

Schwarz plus Schwarz gleich farbenfroh? Dieser paradoxen Herausforderung stellten sich die Architekten des Büros Urban Mesh Design aus London und es gelang ihnen, ein Wohnhaus im Osten der Stadt eigenständig und gleichsam passgenau in die Umgebung einzubinden. Das Volcano House, wie sie es in Anlehnung an einen der für die Fassade verwendeten Backsteine nennen, ist eines von vier schwarzen Häusern auf der Coate Street im Stadtteil Shoreditch. Doch es unterscheidet sich wesentlich von den anderen, denn in seiner Fassade sind Töne von Schwarz sowie eine vielseitige Mischung aus Oberflächenbeschaffenheit und Relief raffiniert verwoben.

Die Fassade lebt durch den spielerischen Umgang mit dem Ziegel.

Das sehr schmale, lange und hohe Haus mit der Nummer 25 steht als einer von drei aneinandergrenzenden Neubauten in der Straße. Während an der längsseitigen Ostfassade eine enge Flucht Abschluss und gleichzeitig Luftraum zu einem weiß verputzen Industriegebäude aus den Dreißigerjahren bildet, liegt an seiner Westseite das sogenannte Woodblock House mit einer Fassade aus Naturholz und horizontalen Planken in auffälligen, wild gemischten Grüntönen an. Es folgt das Studio House von Sergison Bates Architects, ein klar gegliederter, lehmig braun verputzter Klinkerbau. Die Arbeiten an Volcano und Woodblock House begannen etwa zeitgleich 2014. So verschieden ihre äußere Gestalt auch sein mag, die Höhenentwicklung der beiden Häuser zeugt davon, dass die beteiligten Architekten im Austausch standen. Die baurechtlichen Vorgaben für das Grundstück waren, auch über die nur 3,70 Meter Breite der Straßenfassade hinaus, eng gefasst. Architekt und Bauherr Oliver Lazarus, einer der beiden Partner von Urban Mesh Design, verhandelte die vorgeschriebene maximale Geschossigkeit geschickt. Seine Planung beruft sich auf einen straßenseitigen Rücksprung des benachbarten Industriegebäudes. Daraus ergab sich für die Neubauten eine dreigeschossige Frontansicht. Fünf Meter nach hinten versetzt, sehr geeignet für die großzügige Dachterrasse, sitzt ein weiteres Geschoss auf.

Dicht gedrängt liegt das Grundstück mit seiner eigenwilligen Form.
Im Verhältnis zur äußeren Enge ist der Grundriss im Inneren großzügig angelegt.

Die ersten dieser Studien ähneln dem Nachbarhaus: bunte Planken über einem dunklen Sockel. Doch die Farbenfreude stand vor allem symbolisch für Abwechslung, Lebendigkeit auf diesen von wilder Hand dahingeworfenen Ideenbildern. Bereits in früheren Projekten haben die Architekten das Spiel mit Ziegeln ausgekostet. „We just really like brick“, konstatiert Lazarus. So setzt sich die Fassade der Coate Street 25 aus unterschiedlich be- und verarbeiteten schwarzen Steinen zusammen. In sieben Bändern unterschiedlicher Höhe, gemauert im Wechsel von Läufer und Binder, ziehen verschiedenartige Strukturen um das Haus. Im Erdgeschoss schnitten die Architekten den mattschwarzen FARO-Klinker von Röben so entzwei, dass die Luftkammern im Stein eine Oberfläche ähnlich einem Barcode erzeugen. Darüber folgt die Ergänzung des klassisch-glatten Klinkers mit einem bei HGM, einer der ältesten Ziegeleien Englands, entwickelten schwarz glasierten Backstein, der durch mineralische Einschlüsse unregelmäßige, ölig schimmernde Partien aufweist – der Volcano-Stein. Als dritte Strukturvariante wurden die Binder mit spiegelnden Stahlplatten beklebt, in Kombination mit den dunklen Läufer-ansichten entsteht eine erstaunliche Transparenz. „Das Ziel der so eingewobenen Reflexion war nicht eine Auflösung des Hauses à la Doug Aitken, sondern die Verzahnung von Material und Umgebung. Wie bei Phillip K. Smiths Lucid Stead“, verweist Lazarus auf Referenzen aus der Kunst. Steigt man die Wendeltreppe seines Büros bis unters Dach, ist man umgeben von diversen Ziegeln – irdene Töne, grün, mit Musterprägung, auch einer mit eingestanztem Büroemblem und viele mehr: Vermutlich bleiben die Architekten dem „Brick“ noch eine Weile treu.

Die Spiegelung der aufgeklebten Stahlplatten lässt die Fassade in verschiedenen Ebenen transparent erscheinen.
Mineralische Einschlüsse geben den glasierten Backsteinen ihre individuelle Oberfläche.

“We just really like brick.”

Oliver Lazarus, Urban Mesh Design, London
Schnitt durch das Einfamilienhaus

Architekten

Urban Mesh Design, London

www.urbanmesh.com

Bauen im urbanen Kontext und zumeist auf engstem Raum: James Beazer und Oliver Lazarus, Gründer von Urban Mesh Design, haben in London und Umgebung ihre Herausforderung gefunden. Seit 2001 leben und arbeiten sie hier gemeinsam mit ihrem Team, ihre Projekte finden sich in Neubau und Bestand. Sowohl Beazer als auch Lazarus waren vor ihrer Selbstständigkeit als Architekten im Handwerk tätig. Die Erfahrungen und Kenntnisse aus dieser Zeit prägen ihre Arbeiten bis heute. Unter anderem spiegelt sich dies in einer ausgeprägten Vorliebe für handgefertigte Lösungen wider. Immer wieder nutzen sie „lebendige“ Materialien wie Holz, Naturstein oder Ziegel, mit dessen Verarbeitungsmöglichkeiten sie bevorzugt experimentieren.

 

Projekte

2018 Browning Mews, London

2018 Marylebone High Street, London

2018 Drummond St, London

2017 Harley St, London

2015 Wimpole Mews, London

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